Montag, 22. März 2021

 SÜNDE

 


 

Sünde. Dieses Wort ist ein vielbeschäftigtes. Ich kenne einen Käse, der (familienintern) so heisst. Er hat einen Anteil von 80% Fett in Trockenmasse und schmeckt so gut, dass ich sofort weiß: Zu oft und zu viel davon wird nicht nur den Umfang meiner Hüften vergrößern, sondern auch meine Galle und Leber schädigen. Er wird, im Unmaß genossen, dem Leben in mir nicht gut tun. Hingegen: der Moment des Genusses weckt durchaus Lebensgeister. Ein Portiönchen dieses Käses mit einem Stück frischem knusprigen Brot und einem kühlen Gläschen Wein kann in mir mehr Lebensfreude und damit Zuversicht wecken, als eine einstündige Predigt, selbst wenn sie gut ist.

Die Dosis macht die Sünde. In diesem Fall ganz bestimmt. Darum ist auch die Völlerei eine der sieben Todsünden. Weil sie das Leben nicht fördert, sondern tendenziell zerstört.

Die Kirche kann die Sünde nicht segnen sagt der Papst in Rom.

Recht hat er. Die Kirche, niemand sollte für etwas den Segen erbitten, das Leben auf dieser Erde schädigt, es schändet, es zerstört, es behindert.  Die Kirche sollte für nichts  Segen erbitten von der göttlichen Schöpferkraft allen Lebendigen Seins, was diesem Flow selbst entgegensteht. Ach, wenn es doch so wäre...


Was ist eigentlich Sünde? Die Sünde ist das, was uns vom Leben und von der Liebe trennt. Als gläubiger Mensch kann ich auch sagen: Was uns von Gott* trennt. Als gläubige Person sind "Leben" und "Liebe" eigentlich die einzigen Begriffe, die ich in meiner menschlichen Beschränktheit unbedingt und ohne Bedenken diesem Göttlichen, also liebenden Ursprung aller Liebe und alles Lebendigen, zuzuordnen wage. Ansonsten kann ich nur sagen: Kein Mensch kann Gott* erfassen, geschweigedenn Göttlichen Willen. Die Göttliche Liebe können wir höchstens ahnen in den Geschenken, die wir erhalten. In Momenten des Glücks,  der Verbundenheit, in Momenten, in denen wir spüren: Alles ist am richtigen Ort zur richtigen Zeit.

Wir sind erkannt und einst werden wir erkennen, wie wir heute schon erkannt sind. So Paulus im Korintherbrief. Das, was wir heute erkennen, ist einzig und immer nur die Reflexion im dunklen Spiegel unserer Begrenztheit:  unser eigenes Antlitz. Unsere eigenen Bedeutungen und Deutungen, unsere Moral und Begierden, unser Maß und Urteil. Wir sehen immer nur uns selbst. Immer nur den Widerschein unseres beschränkten Ichs. Und doch behaupten wir Kenntnis zu haben Göttlicher Willensbekundungen und Gesetze.

Die Liebe, so wir das Glück haben, sie zu erleben unter den Menschen, schenkt uns ein Ahnen und ein Hoffen von Gottes* liebendem Blick.  Menschen einzureden (und sie damit tief zu verletzen!), sie seinen davon entfernt durch "falsche Liebe"- das ist Sünde: 

Die Menschen zu lehren, sie seien falsch, wie sie sind ist Sünde.

Die Menschen zu lehren, da sei ein Gott, der unbarmherzig ihre Liebe anschaut und ablehnt, ist Sünde.

Liebe zu bewerten und die eigene Wertung auch noch als göttliches Maß zu behaupten, ist Sünde.

Menschen zu quälen mit dem Bild eines moralinsauren göttlichen Kontrollfreaks, der Geschenke verteilt und sich daran weidet, wenn Menschen sie nicht auszupacken wagen, ist Sünde.

Denn all das hindert die Menschen am Leben in Fülle, macht sie klein und ängstlich. Hält sie in Abhängigkeit, bindet sie in Selbsthass und Neurosen. Vergiftet Leben.

 

Sünde ist dieses bewußte Abwenden von der Liebe: einem Menschen den Segen Gottes abzusprechen.





Das Leben in Fülle heißt: In Gottes liebendem Blick sein, geliebt bis in die Haarspitzen. Nicht dem Verderben, sondern der Liebe teilhaftig. Immer und überall.

Diese Hoffnung zu verbreiten ist Aufgabe von "Kirche". Damit wäre sie mit Jesus im Bunde und  auf dem Weg.

Diesen Weg hat die römische Kirche verlassen. Schon lange. Sie hängt in Rom fest und kreuzigt täglich die unbedingte Liebe, von der Jesus erzählt. Die Liebe, die jede Menschenmacht gefährdet, weil sie Regeln bricht. Die entfesselt statt zu verknoten. Die beflügelt, statt das Fürchten zu lehren.

Die römische Kirche hat Angst vor der Liebe. Weil Liebe lebendig macht. Weil Liebe das Leben wandelt. Wandel aber ist der größte Feind des römischen Systems.

Darum muss sie alles als Sünde markieren, was  neu erkennt und sich darum wandeln muss. Darum mag sie ihr sich selbst bestätigendes wohlverschlossenes Denksystem. Darum lässt sie lieber Menschen verkommen, als sich von Deutungshoheiten zu verabschieden.

Was für ein Verrat! 

 



 

  


Freitag, 5. März 2021

 Ein Buch, Fragen und Antworten,

 und die Resonanz.

 



 

Da ist es, das schmale Büchlein. Manifest nennt es der Verlag.


 

Und das ist es vielleicht  auch. Ein Manifest der Bewegung.     Prof.em. Hermann Häring schrieb uns dazu :

"...So habe ich das Buch von Frau Kötter auch mit großer inhaltlicher Zustimmung gelesen. Frau Kötter spricht die anstehenden Fragen offen, unaufgeregt, aber kundig und ohne alle Aggressionen an. Sie macht aus ihren eigenen Gefühlen von Enttäuschung und Wut keinen Hehl und zeigt so: Es steht eine existentielle Glaubensfrage zur Debatte, die sich nicht auf die Befriedigung einiger Frustrationen oder eines gefährlichen Zeitgeistes beschränkt. Am meisten beeindrucken mich aber zwei Qualitäten:
(1) Das Buch von Frau Kötter lebt aus einer konkreten und weiterführenden Kirchenvision. Diese konkrete Vision fehlt vielen Reformansätzen, die sich - so jedenfalls mein Verdacht - im Protest gegen aktuelle Zustände erschöpfen.
(2) Ferner leben die Texte aus einer gelebten Spiritualität. Das zeigen die eingearbeiteten Gebetstexte, die stete Präsenz von biblischen Bildern, Symbolen und Assoziationen, sowie eine große innere Ruhe bei der Behandlung dieser so beunruhigenden Thematik.

So kann ich dem Buch nur einen großen Erfolg wünschen. Möge es zum ersten, den Alltag nährenden Brevier von Maria 2.0 werden."

 



 

Auch wenn das Buch heute erst den fünften Tag zu erwerben ist, erreichten mich schon etliche zustimmende Zuschriften, Bitten um Abdruck- und Zitatgenehmigungen, Lesungen oder Interviews, wertschätzende Emails oder weitergeleitete Freundesnachrichten.

Sogar die erste analoge Lesung wurde vereinbart: In der legendären Fabrik in Hamburg am 16. Juni. Ich freue mich so auf echte Menschen ohne Screen dazwischen!

 

Besonders gefreut habe ich mich über die Reaktion eines osteuropäischen Priesters, der bei einer meiner ersten Lesungen im Internet zuhörte:

"..die vorgelesenen Zeilen haben auch mir die Horizonte eröffnet, auch mir geholfen, sogar habe ich gedacht, mir ist nichts neues, aber doch(!), eine wunderbare Theologie steckt hinter den Zeilen, ich kaufe das Buch. Danke!!" 

Der bekannte Pfarrer Schießler aus München predigt über die Thesen, die Maria 2.0 am 21.Februar an weit über 1000 Kirchentüren schlug und zitiert dabei aus dem Buch:

hier klicken*und hören

 

 Oder diese Zeilen eines Paares aus Bayern:

"Grüß Gott und guten  Morgen aus dem bayerischen Maria Thalheim. Wir haben gestern Lisa Kötters Buch „Schweigen war gestern“ zu Ende gelesen und sind begeistert. Das ist  das (katholische) Christentum wie wir es uns wünschen: offen, ehrlich, unbefangen, gottes- und menschenfreundlich…zukunftsweisend. Ganz herzlichen Dank an Lisa Kötter und Maria 2.0. Maria 2.0 hat uns bislang davon abgehgalten aus dem Verein „Katholische Kirche“ auszutreten, obwohl es dafür, hier im ländlich katholischen Bayern, mehr als nur einen triftigen Grund gäbe. Hier ist Religion Aberglaube und Glaube traditionelle Folklore; das Ganze eine religiös verzierter Traditions-und Trachtenverein, der natürlich auch Halt geben und Sinn vermitteln kann. Und die massivsten Barrikaden gegen jegliche Art von Erneuerung bauen die “frommen“ Frauen auf!!!"


 

Genau wie so oft in den letzten beiden Jahren werden die Vorgespräche mit Redaktionen oder ModeratorInnen zu persönliche Glaubens-gesprächen. Da ist Erstaunen über eine neue Sicht auf Geschwisterlichkeit und Weite, die so im Gegensatz gesehen wird zum Außenbild der römischen Kirche. Und da ist ein Erzählen über den eigenen Glauben und Unglauben. Die Schnipsel, die dann in Radio oder Fernsehen übrigbleiben, können kaum diese Neugierde oder Wertschätzung abbilden. Trotzdem bemühe ich mich, in den paar Sende-Minuten das Anliegen zu umreissen, das auch das Thema meines Buches ist.

Hier ein Beispiel*klick   ( erst kommt ein kurzer Trailer über Maria 2.0, dann das Interview)

 

 

Carolin Kebekus 

Dass Carolin Kebekus Maria 2.0 unterstützt und auch das Vorwort zu meinem Buch geschrieben hat, finde ich großartig. Sie ist ja ohnehin eine mutige Frau und eine, die sich eben nicht so einfach in eine Schublade stecken lässt. Links , feministisch, witzig, rebellisch, frech , großmäulig, herzlich und... gläubig. Das wird viele ihrer eingefleischten Fans erstaunt haben. Denn auf einmal geht die Schublade, unter der wir politisch links, feministisch, frech etc. abgelegt haben, nicht mehr zu. Unsere Zuordnungen klemmen und das Laute zeigt Verletzlichkeit, das Freche Herz, das Intelligent- Kritische Glauben.    Zwischen den Stühlen ist viel und guter Platz, eben mehr Weite.

Karolin, ihr Statement und die Hymne zu Maria 2.0 klick* 

 


 

Potcasts

Am Tag vor Erscheinen des Buches veröffentlichte die wunderbare Angela Krumpen ein Potcast Interview, das sie mit mir geführt hat. Angela Krumpen spricht seit ca. 25 Jahren mit Menschen, die sie interessieren und die Interessantes zu erzählen haben. Es lohnt sich, auf der Seite zu stöbern und diesen Gesprächen zu lauschen. Zu finden 

hier*Klick

 

 

Auch berührt hat mich ein ausführliches Gespräch mit dem klugen jungen evangelischen Pfarrer Moritz Gräper aus Münster. Auch er  produziert einen Potcast für alle, die gerne zuhören, wenn über Gott und die Welt geredet wird. Unaufgeregt, wertschätzend und miteinander suchend.

Hier entlang zu diesem Gespräch klick*  

 

 


 

 

 Das Drama, live in Köln

Und dann ist da noch Köln. Köln, wo sich das römischkatholische Drama wie auf einer Bühne verdichtet. Dort wird poetisch von Schuld gesprochen und über Vergebung oder Geduld schwadroniert. Aber gemeint sind immer nur die anderen. Auf den Fastenbrief (klick*) des Kardinals, der ja auch- der Ärmste-,  nichts ist als ein Stellvertreter, gegen den sich nun all die Wut, Häme und Fassungslosigkeit richtet, (die wohl angemessener an andere Personen in seinem Umfeld adressiert gehörten) habe ich eine Antwort geschrieben:

Versuch einer Antwort
Wenn, um ein Amt zu schützen, auch nur EIN Mensch verletzt wurde oder wird, dann hat das Amt die Würde verloren. Das gilt für monarchische wie demokratische Amtsinhaber.
Die Würde der Mächtigen stirbt da, wo sie die Würde der Ohnmächtigen verletzen.
Die Würde unserer Kirche starb mit der ersten Vertuschung eines Verbrechens zwecks Heiligkeitsvorspiegelung.
Damit ist im römischen System DER verraten, von dem sie behaupten, es sei SEINE Kirche.
Denn ER ist jede*r Kleine, dessen Würde auf dem Altar der Glorie geopfert wird.
Da hilft kein Betroffenheitsgemurmel lieber Herr Woelki.
Da hilft nur eine langwierige schonungslose erschütternde Analyse.
Die Risse gehen durch den Fels selbst, auf dem die Herrenkirche steht. Dieser Fels ist aber nicht das Original. Denn der Fels der Liebe ist nie überbaut worden mit dickmaurigen Palästen.
Der Fels der Liebe steht da, allen Winden und Wassern ausgesetzt.
Verletzlich ist die Kirche, die diesen Fels immer wieder erklimmt.
Sie ist ausgesetzt wie die Kleinsten und Schwächsten und ihr Dach ist einzig der Himmel.
Diese ausgesetzte, verletzliche Kirche ist nicht römisch. Sie ist jesuanisch.
Es ist die Schattenkirche, die trotz all der Herrenstrategien existiert. Es gibt sie TROTZ aller römischer Herrlichkeit. Nich WEGEN ihr.
Die Schein-Heiligkeit wird sichtbar.
Treten Sie vor die Tür. Oder ziehen Sie sich zurück mit den Getreuen der Glorie hinter die dicken Machtmauern.
Die Kleinen zeigen endlich auf den nackten Kaiser.
Das sind nicht Sie persönlich, lieber Herr Woelki. Sie sind in Wirklichkeit auch nur einer der Kleinen und Verletzten. Mit einer großen Sehnsucht im Herzen. Zum Werkzeug der Glorie geworden. Bestimmt nicht in böser Absicht.
Es ist vorbei. Der Kaiser ist nackt. Bedecken wir ihn mit dem Mantel der Liebe. Zu finden auf dem unbebauten Felsen. Unter dem offenen Himmel der erschütternden Verletzlichkeit.
Traurige Grüße
Lisa Kötter
 

 
 
 
Die Würde als Krone
Die Würde des Menschen ist unantastbar. Unsere Würde, das ist vielleicht das, was Anselm Grün bei einer Veranstaltung in Münster als  den "Göttlichen Raum in uns" bezeichnet hat. Gott* als das immer heile, heilige in jedem Menschen. Gott* als "das Unverletzliche".

Der Künstler Ralph Knoblauch setzt seinen Figuren diesen heilen, heiligen Raum als goldene Krone aufs Haupt. Allen, den Großen, Kleinen, Schiefen und Krummen, jeden Geschlechts und jeder Zeit.
Beeindruckend, wie er mit so einfachen Mittel dieses Leuchten sichtbar macht. Und dadurch den Kern der Botschaft Jesu: Geliebt und beschenkt zu sein. 
mehr über die Arbeit von Ralf Knoblauch bitte hier entlang klick*  
 
 

Wir knüpfen weiter am Netz. Frei schwingend in die Weite.
Über Resonanz freut sich
 
Eure Lisa Kötter

 




 

 

 

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